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Eröffnung der neuen Dauerausstellung im Jüdischen Museum in Rendsburg

Das Jüdische Museum in Rendsburg präsentiert stolz seine neue Dauerausstellung mit dem Titel "400 Jahre Gegenwart: Jüdisches Leben in Schleswig-Holstein". Nach fast drei Jahren Neukonzeption, Neugestaltung und einem Jahr Bauzeit hat das Museum am 2. Juni seine Türen für Besucher*innen geöffnet. Das Museum definiert sich nun mehr denn je als ein Ort der historisch-politischen Bildung, der aktuelle Themen aufgreift, neue Inhalte präsentiert und gesellschaftliche Impulse setzt. Die Ausstellung behandelt dabei nicht nur das Judentum und die jüdische Geschichte, sondern auch viele gesellschaftlich höchst relevante Themen.

Der Stiftungsvorstand Dr. Thorsten Sadowsky betonte bei der Neueröffnung am 1. Juni die anschauliche Darstellung der Bedeutung des jüdischen Lebens für die Geschichte und Gegenwart Schleswig-Holsteins. Er dankte Museumsleiter Jonas Kuhn, seiner Stellvertreterin Miriam Gläser und dem gesamten Team für die inklusive Ausstellung, die sowohl die Verfolgung von Jüdinnen und Juden als auch die Vielfalt und Gegenwart des jüdischen Lebens eindrucksvoll präsentiere und ein kraftvolles Zeichen der Hoffnung für die Zukunft setze.

Mit dieser neuen Ausstellung unterstreicht das Museum seinen Anspruch, ein zentraler Lernort für die jüdische Gegenwart und Geschichte in Schleswig-Holstein zu sein. Jüdinnen*Juden, ihre Selbstwahrnehmung und ihre Positionen heute und in der Vergangenheit werden sichtbar gemacht. Ein Schwerpunkt der Vermittlung liegt auf der Verfolgung von Jüdinnen*Juden während der NS-Zeit, aber auch auf der Erkennung und dem Umgang mit heutigen Formen von Antisemitismus.

Die Kultusministerin Karin Prien betonte die Bedeutung des Jüdischen Museums in Rendsburg für die deutsche Kultur und Geschichte. Sie lobte die innovative und kreative Art und Weise, wie das Museum jüdische Geschichte und jüdisches Leben den Besucher*innen nahebringt und damit Unkenntnis und Feindlichkeit abbaut. Gerade in Zeiten, in denen der Antisemitismus wieder lauter wird und auch in der Mitte der Gesellschaft zu verzeichnen ist, sei ein solcher Lernort von großer Bedeutung.

Die Ausstellung widmet sich den Anfängen des jüdischen Lebens in Schleswig-Holstein ab dem späten 16. Jahrhundert, dem Kampf um gleiche Rechte und der Integration in die Mehrheitsgesellschaft. Sie erzählt von jüdischem Leben während der Kaiserzeit und der Weimarer Republik, in der rassistischer Antisemitismus immer präsenter wurde und schließlich in der Verfolgung, Vertreibung und Ermordung von Jüdinnen*Juden während der Zeit des Nationalsozialismus gipfelte.

Nach 1945 war Schleswig-Holstein für viele Jüdinnen*Juden oft nur eine Zwischenstation auf dem Weg zur Auswanderung aus Europa. Erst seit den 1990er-Jahren haben Jüdinnen*Juden vor allem aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion in Schleswig-Holstein eine neue Heimat gefunden und für neues aktives Leben in den jüdischen Gemeinden gesorgt.

Die Gegenwart spielt eine zentrale Rolle in der Ausstellung und soll die Vielfalt des Judentums und jüdischen Lebens abbilden. Das Museum präsentiert - inspiriert durch zahlreiche Gespräche - Antworten, Themen und Positionen, die den Wunsch der Jüdinnen*Juden reflektieren, als vielfältige und einzigartige Individuen gesehen zu werden. Dabei wehren sie sich gegen einseitige Vorstellungen und Bilder. Die Zusammenarbeit mit den beiden jüdischen Landesverbänden, der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden Schleswig-Holstein, war dabei von großer Bedeutung.

Neben der inhaltlichen Neugestaltung und Neuausrichtung wurde größtmögliche Barrierefreiheit für das Museum und die Ausstellung geschaffen. In enger Kooperation mit "Fokusgruppen" wurden Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Organisationen von Menschen mit Behinderungen einbezogen, um deren Bedürfnisse zu identifizieren. Die Ausstellungsgestaltung wurde diskutiert und eine behindertengerechte Umsetzung besprochen. Durch den Einbau eines Fahrstuhls, ein Bodenleitsystem, taktile Orientierungspläne, Videos in deutscher Gebärdensprache, Transkriptionen der Audiostationen und barrierefrei zugängliche Inhalte im Medienguide konnte das Museum so inklusiv wie möglich gestaltet werden.

Das historische Gebäude aus dem 19. Jahrhundert stellte das Team vor besondere Herausforderungen, doch es gelang, auch die bauliche Barrierefreiheit erheblich zu verbessern. Das Museum ist seit 1988 in der einzigen original erhaltenen Synagoge Schleswig-Holsteins beheimatet und gehört zu den ersten Jüdischen Museen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik gegründet wurden. Es ist ein historischer Ort, ein Baudenkmal und eine Gedenkstätte. Zum Gebäudeensemble des ehemaligen Gemeindezentrums der Jüdischen Gemeinde Rendsburg gehören auch die Talmud-Tora-Schule von 1830 sowie die Synagoge, die 1844/45 erbaut wurde und somit noch vor der Zeit der gesellschaftlichen und rechtlichen Gleichstellung von Jüdinnen*Juden entstand.

Die neue Ausstellung und die Maßnahmen zur Barrierefreiheit wurden mit insgesamt rund 1,5 Millionen Euro finanziert, wobei das Land Schleswig-Holstein den Großteil der Kosten in Höhe von rund 900.000 Euro übernahm. Den Umbau und die Neugestaltung unterstützten zudem verschiedene Förderinstitutionen und Stiftungen, namentlich die Bürgerstiftung Region Rendsburg, die Eider- und Kanalregion Rendsburg, der Fonds für Barrierefreiheit des Landes Schleswig-Holstein, der Freundeskreis Jüdisches Museum Rendsburg, die Friede-Springer-Stiftung, die Hermann-Reemtsma-Stiftung, die Spar- und Leihkasse Rendsburg, die Sparkasse Mittelholstein und die ZEIT-Stiftung.

Foto (v.l.) Beauftragter für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus Dr. h.c. Gerhard Ulrich, Museumsleiter Jonas Kuhn, Ministerin Karin Prien und Stiftungsvorstand Dr. Thorsten Sadowsky
© Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen